HORST HENSEL

Nebeneinanderher
Erinnerungen an Max von der Grün

Ob Literatur die Welt verändern kann? Mich hat die Literatur verändert – und ich bin ein Teil dieser Welt. Max von der Grün

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Wir sind einander über einen Zeitraum von mehr als drei Jahrzehnten immer wieder begegnet, in manchen Jahren oft, in anderen gar nicht, zumeist auf kollegiale Weise, mitunter sogar herzlich, dann wieder gespannt, auch misstrauisch, bestenfalls geschäftsmäßig. Denn er war kein einfacher Mensch. Ich bin es ebenso wenig. Nicht gerechnet die jeweilige Situation. Dies alles bedenkend erstaunt mich, wie viel davon sich aus dem Gedächtnis rekonstruieren lässt, hilfsweise auch aus stockfleckigen Akten aus dem Keller, bei welchem Erinnern, Kramen und Skizzieren sich dann ergab, die Begegnungen in ihrer Entwicklung darzustellen, da sie sich erst in einem chronologischen und autobiografischen Zusammenhang aus ihrem Dasein als Anekdote lösen und zur Ausleuchtung von Teilen des Literaturbetriebs und des literarischen Geschiebes führen, zumindest soweit, wie meine Taschenlampe reicht, und wodurch sie einen Informationswert erhalten, der über den hinausgeht, den die Erinnerungen für mich persönlich haben, auch wenn Max von der Grün manches anders gesehen und einiges auch übersehen haben sollte.
Aber nun der Reihe nach:

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Ich entstamme einer Bergarbeiterfamilie des Ruhrgebiets. An eine höhere Schule war nicht zu denken. Ich wünschte aber nichts sehnlicher, als Geschichte zu studieren und Schriftsteller zu werden. Diesen alltagsfremden Selbstentwurf musste ich verschweigen. Verständnis, gar Ermutigung hatte ich nicht zu erwarten, lediglich Befremdung und Spott. So führte ich ein zweites Leben in der Literatur, als jemand, der sich insgeheim an Texten versuchte, insbesondere aber ständig las. In seinem Roman Flächenbrand schrieb fast zwanzig Jahre später Max von der Grün, dass man in Büchern leben könne. Dieser Satz hätte auf mich gemünzt sein können. In meinem wirklichen Leben lief es darauf hinaus, Arbeiter zu werden. […]

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Horst Hensel | PDF

(Quelle: Literatur in Westfalen, Beiträge zur Forschung 9, 2008)



Max von der Grün