Max von der Grün – Werkausgabe Band VII

Als der Fotograf Edmund Wolff frühmorgens von seiner Terrasse aus auf den nahe gelegenen Kirchturm blickt, glaubt er seinen Augen nicht zu trauen: Im offenen Fenster hängt ein Mann – sein Schwager Heinrich Böhmer. Der Tote hinterlässt Frau und Kinder, eine Elektromotorenfabrik und ein Testament, das ohne Beispiel ist: Er verfügt, dass alle Belegschaftsmitglieder zu Teilhabern der Fabrik werden sollen. Sein ärgster Widersacher, der Betriebsrat, muss nun in die Rolle des Unternehmers schlüpfen. Kaum Chef geworden, muss er feststellen, dass harte Einschnitte notwendig sind, wenn er die Firma retten will. Die Arbeitsstunden müssen erhöht, die Urlaubstage reduziert werden. Damit sind aber längst nicht alle einverstanden, auch wenn es jetzt darum geht, »ihre« Firma zu retten.

»Der Blick von unten, auf dem von der Grün beharrt, macht ihn keineswegs blind für die Werte, die trotz allem vor allem oben kultiviert werden: Wissen, Bildung, Kultur. Die Unternehmervernunft selbst sogar kann, signalisiert ›Die Lawine‹, das Richtige bewirken, sobald sie sich aus dem plattesten Vorteilsdenken löst. Und in jeder Phase lässt der Roman spüren, dass für Spannung gesorgt ist, weit über seine letzte Seite hinaus.«
Die Zeit

Der Band enthält zusätzlich den Text »Die Absturzstelle«.



Die Lawine, Cover Die Lawine
Roman, (BAND VII)
Herausgegeben von Günther Butkus
Mit einem Nachwort von Rüdiger Scholz
Hardcover mit Schutzumschlag
372 Seiten, Euro 22,90, 978-3-86532-141-1
Pendragon Verlag, März 2010


Leseprobe:

[...] Als ich ins Haus zurückkehren wollte, sah ich etwas am Turm der zweihundert Meter entfernten katholischen Kirche leuchten. Im Kirchturm sind zwei schmale, übermannshohe Fensteröffnungen, die, weil nicht verglast, gewöhnlich mit braunen Holzläden verschlossen werden; heute aber war der rechte Laden geöffnet und in der Öffnung hing eine lebensgroße Puppe. Sie trug ein blaues Hemd und eine blaue Hose und einen Strick um den Hals. Ich wollte es genau wissen und holte aus dem Wohnzimmerschrank mein Fernglas.
Was im Rundbogenfenster des Kirchturms hing, war keine Puppe. Dort oben hing ein Mensch, ein Mann. Es war der Fabrikant Heinrich Böhmer, mein Schwager, der Bruder meiner Frau. [...]



Max von der Grün